Früher dachte ich, Essen müsste man sich erst verdienen. „Heute 10.000 Schritte gemacht? Dann darf ich mir eine Pizza gönnen!“ Oder: „Gestern war ich brav – heute gibt’s die Familienpackung Eis.“ Klingt bekannt? Ich hab das lange genauso gemacht. Hat das funktioniert? Natürlich nicht.
Der Deal mit mir selbst
Ich war Meister darin, mit mir selbst zu verhandeln. Eine Woche Disziplin? Dann aber auch richtig reinhauen! Diese Art von Balance fühlte sich an wie ein Jo-Jo, das ständig zwischen „super gesund“ und „völlige Eskalation“ schwankte. Und mit jeder neuen Schleife wuchs der Frust: Erst war ich stolz auf meine Disziplin, dann frustriert über den Kontrollverlust, gefolgt von Schuldgefühlen und der erneuten Motivation, es „diesmal richtig zu machen“. Aber das Karussell hörte nicht auf, sich zu drehen. Am Ende stand ich da, entmutigt, mit der Frage: Wozu das Ganze?
Die große Erkenntnis
Irgendwann fiel mir auf: Wenn ich Essen als Belohnung sehe, dann heißt das im Umkehrschluss, dass ich es mir manchmal nicht „verdiene“. Und das ist Quatsch. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem mir das bewusst wurde: Ich hatte mich eine Woche lang streng an meinen Ernährungsplan gehalten, mir jeden Keks verkniffen und jeden Heißhunger weggeatmet. Am Sonntagabend saß ich dann vor einem riesigen Teller Pasta, den ich mir „endlich verdient“ hatte. Ich schaufelte das Essen in mich hinein, als hätte ich Angst, es würde mir jemand wegnehmen. Doch statt eines Hochgefühls kam nur eine bleierne Schwere. Kein Genuss, keine Freude – nur das unangenehme Gefühl, mich selbst betrogen zu haben. Essen ist kein Preis für gutes Benehmen, sondern einfach Treibstoff für den Körper. Niemand muss sich sein Abendessen erst erarbeiten.
Was sich geändert hat
Heute esse ich, wenn ich Hunger habe, nicht weil ich eine bestimmte Schrittzahl erreicht habe. Und ja, ich gönne mir auch mal was – aber nicht als Belohnung für Verzicht, sondern weil ich es bewusst genieße. Es ist ein völlig anderes Gefühl, etwas zu essen, weil man wirklich Lust darauf hat, anstatt es sich durch Leistung zu „erkaufen“. Statt „Ich war heute fleißig, also darf ich…“ frage ich mich: „Schmeckt mir das gerade wirklich? Brauche ich das jetzt oder ist es nur Gewohnheit?“ Manchmal ist die Antwort ein klares Ja, dann genieße ich es ohne schlechtes Gewissen. Manchmal merke ich aber auch, dass ich eigentlich nur aus Langeweile oder emotionalem Hunger esse – und dann lasse ich es lieber. Und beides fühlt sich mittlerweile richtig gut an, weil ich endlich ehrlich zu mir selbst bin.
Kein Rechnen mehr, sondern echtes Genießen
Ich habe aufgehört, Essen als Belohnung zu sehen. Das war eine der besten Entscheidungen auf meinem Weg. Denn mal ehrlich: Wenn man sich jeden Bissen erst „verdienen“ muss, wo bleibt dann eigentlich der Spaß am Essen?
Bild von Tung Lam auf Pixabay
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