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Der Joghurt der Schande: Ein Moment zwischen Plan und Impuls

Er steht da. Ganz hinten im Kühlschrank. In der dunklen Ecke, wo Licht nur hinkommt, wenn man die untere Salatschublade aufzieht. Ein Becher Joghurt – Mango-Maracuja, 3,8 % Fett, mit Fruchtzubereitung. Nicht irgendein Joghurt. Es ist der Joghurt der Schande.

Gekauft „für Gäste“, aber ehrlich: Es kam seit Monaten kein Gast. Und ich weiß genau, dass ich ihn gekauft habe, weil ich selbst irgendwann schwach werden würde. Irgendwann wie gestern Abend. Oder war’s heute Nacht?

Manchmal passiert es einfach. Man sitzt auf dem Sofa, denkt an nichts Böses – und plötzlich steht man vor dem Kühlschrank. Klar bei Verstand – und trotzdem wie magnetisch vom Kühlschrank angezogen, als hinge der Weltfrieden von der Stillung meiner Gelüste ab. Kein Hunger, keine Not. Nur ein leiser, aber bestimmter Impuls: Jetzt. Etwas. Irgendwas.

Und dann löffelt man diesen Joghurt. Nicht einmal genüsslich. Man isst ihn so, wie man bei Rot über die Straße geht: mit dem Wissen, dass man es besser weiß – aber trotzdem tut. mit innerem Widerstand, aber wissend, dass es eh passiert.

Was bleibt, ist ein leerer Becher und der stille Blick in die Kühlschranktür. Kein Applaus. Kein Trost. Nur die Frage: Warum eigentlich?

Ich habe beschlossen, mir solche Ausrutscher nicht mehr krummzunehmen. Denn das sind sie: Ausrutscher. Keine Sünde. Keine Katastrophe. Sondern Teil eines Lebens, in dem es nun mal nicht immer läuft wie geplant. Ein Becher Joghurt sagt nichts über mich. Und eine Zahl auf der App auch nicht. Ich bin jemand, der meistens gute Entscheidungen trifft – und manchmal soll es eben Mango-Maracuja sein.

Der Joghurt der Schande steht übrigens wieder im Kühlschrank. Neuer Becher. Neue Gelegenheit. Mal sehen, wer dieses Mal stärker ist.


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