Es ist schon faszinierend: Sobald man abnimmt, werden – auch fremde – Menschen zu spontanen Cheerleadern. „Wow, du hast echt abgenommen! Super!“ „Wie viel hast du schon geschafft?“ „Oh, man sieht es richtig!“ – und ich stehe da, nicke und weiß nicht so recht, wie ich reagieren soll. Klar, nett gemeint. Aber warum wird eigentlich jedes verlorene Kilo gefeiert, als hätte ich gerade den Mount Everest im Rückwärtsgang bestiegen?
Gewicht ist nicht alles
Ich verstehe ja, dass das Gewicht die offensichtlichste Veränderung ist, die man an einem abnehmenden Menschen sehen kann. Aber die Zahl auf der Waage ist nur ein Bruchteil dessen, was sich verändert. Ich laufe mittlerweile regelmäßig, meine Ernährung ist ganz anders als früher, ich fühle mich fitter, beweglicher – aber das Erste, was Menschen kommentieren, ist die verlorene Masse. Als wäre das der einzige relevante Fortschritt.
Das Problem mit den Kilo-Kommentaren
Wenn man ständig hört, wie toll es ist, dass man abnimmt, dann schwingt da unausgesprochen immer etwas mit: Nämlich, dass das „Vorher“ nicht gut war. Dass ich mit mehr Kilos weniger wert oder weniger beeindruckend war. Das mag nicht die Absicht sein, aber manchmal fühlt es sich genau so an. Was sagt es über mich als Person, wenn meine größte Leistung in den Augen anderer ist, dass ich „weniger geworden bin“?
Manche Erfolge sieht man nicht
Die wirklich großen Veränderungen sind oft unsichtbar. Niemand sieht, dass ich mittlerweile ohne Probleme eine Treppe hochkomme, ohne mich danach an der Wand abstützen zu müssen. Oder dass ich plötzlich eine Jogginghose aus Spaß und nicht nur aus Komfortgründen trage. Oder dass ich mir Essen nicht mehr als Belohnung, sondern als Energiequelle betrachte. Das sind die Dinge, die für mich zählen – nicht nur, ob die Waage eine kleinere Zahl anzeigt.
Ich feiere anders
Natürlich bin ich stolz auf meine Fortschritte. Aber ich brauche keine Standing Ovations für jedes verlorene Kilo. Mein Körper verändert sich, ja, aber mein Leben verändert sich auch – und das ist das eigentlich Spannende. Wenn ich heute 8 Kilometer durchlaufe, ist das für mich ein Grund zum Feiern. Wenn ich eine gesündere Entscheidung treffe, ohne mich dabei eingeschränkt zu fühlen, ist das ein Erfolg.
Natürlich verstehe ich, dass Menschen es gut meinen. Und manchmal freue ich mich auch über die Anerkennung. Aber am liebsten feiere ich auf meine eigene Art – mit einem guten Gefühl, einem klaren Kopf und vielleicht einem extra Becher frischer Erdbeeren mit Skyr ohne Zucker. Denn das hätte ich früher garantiert nicht als Genuss angesehen.
Bild von jacqueline macou auf Pixabay
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