Startseite » Das Passfoto von 2019

Neulich fiel mir ein altes Passfoto in die Hände. 2019, stand hinten drauf. Ich schaute dreimal hin. Der Typ auf dem Bild – das war ich. Irgendwie. Nur mit 50 Kilo mehr. Und mit einem Gesichtsausdruck, als hätte ihm gerade jemand Mathe erklärt. Oder gesagt, er soll joggen gehen.

Ich musste lächeln. Nicht über das Foto. Nicht über mein früheres Ich. Sondern über die Erkenntnis: Ich hatte die Veränderung gar nicht so richtig mitbekommen. Jedenfalls war sie nicht mehr präsent im Gedächnis.

Was man nicht sieht, wenn man sich jeden Tag sieht

Es ist wie bei Kindern, die man nur einmal im Jahr sieht – plötzlich größer, plötzlich älter. Man selbst? Sieht sich täglich. Und merkt nichts.

Ich habe mich verändert. Aber weil es langsam ging, blieb es weitestgehend unsichtbar. Ich bin reingewachsen in dieses neue Ich. Schritt für Schritt. Und trotzdem kämpfe ich noch immer mit meinem Körper. Finde ihn zu weich, zu schwer, zu irgendwas. Dabei bin ich längst weit gekommen.

Der Typ auf dem Foto hätte getauscht

Ich stelle mir manchmal vor, ich könnte dem 2019er-Ich sagen: „Du wiegst bald 50 Kilo weniger.“ Der hätte ungläubig geguckt. Vielleicht gelacht. Vielleicht gefragt, ob das mit einer App geht oder ob er wirklich aufstehen muss.

Er war damals nicht besonders motiviert. Und trotzdem – er hätte sofort getauscht. Ohne zu zögern. Denn für ihn wäre mein heutiger Zustand ein Traum gewesen.

Und heute?

Heute sehe ich oft nur das, was noch fehlt. Nicht das, was schon geschafft ist. Ich will weiterkommen – klar. Weniger Kilos, mehr Ausdauer, bessere Form. Aber ich gehe es anders an.

Langsamer. Netter. Mit mehr Humor. Und manchmal denke ich an den Typen auf dem Foto. Und bin froh, dass ich nicht mehr er bin. Auch wenn ich ihn verstehe.

Falls du gerade haderst: Vielleicht wär dein altes Ich stolz auf dich. Auch wenn du’s selbst noch nicht bist.


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