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Der innere Schweinehund hat WLAN – und streamt Serien

Ich wollte joggen gehen. Ehrlich. Die Schuhe standen bereit, Playlist war erstellt, sogar die Wetter-App zeigte gnädig auf „trocken, aber grau“. Und doch saß ich kurze Zeit später auf dem Sofa. Neben mir: eine Packung Chips. Vor mir: Staffel drei von irgendwas, was ich gar nicht angefangen hatte.

Und irgendwo dazwischen, nicht ganz sichtbar, aber definitiv anwesend: mein innerer Schweinehund. Mit Fernbedienung. Und erstaunlich gutem WLAN.

Wer ist dieser Typ überhaupt?

Der innere Schweinehund ist kein bösartiges Wesen. Er schreit nicht, er droht nicht – er flüstert. Leise, aber beharrlich. So etwas wie: „Mach’s doch morgen. Heute war schon anstrengend genug.“ Oder: „Du hast doch gestern schon Gemüse gegessen.“ Oder der Klassiker: „Du brauchst Erholung, du bist schließlich keine Maschine.“

Und bevor man widersprechen kann, hat er schon eine Folge gestartet. Oder einen neuen Tab geöffnet. Oder eine weitere Portion Pasta gekocht. Er ist charmant. Manipulativ. Und meistens ziemlich überzeugend.

Wie man ihm (nicht) begegnet

Ich habe lange versucht, ihn zu ignorieren. Mit To-do-Listen, Apps, Motivationssprüchen auf Post-its. Das Ergebnis: Er wurde nur kreativer. Hat sich in neue Formen gegossen. Statt Chips gab’s dann eben Brot mit irgendwas. Statt Serien: YouTube-Videos über „Produktivität steigern in 5 Minuten“.

Irgendwann habe ich gemerkt: Vielleicht muss ich ihn gar nicht bekämpfen. Vielleicht reicht es, ihn besser kennenzulernen.

Also habe ich angefangen, zuzuhören. Wenn er auftauchte, hab ich gefragt: „Was brauchst du eigentlich gerade?“ Und manchmal war die Antwort gar nicht so dumm. Manchmal war ich wirklich müde. Manchmal war der Druck zu groß. Und manchmal – ganz ehrlich – war es einfach nur Faulheit im schicken Mantel.

Freundschaft auf Zeit

Ich glaube inzwischen, dass der innere Schweinehund nicht unser Feind ist. Er ist so eine Art überfürsorglicher Freund mit schlechten Vorschlägen. Einer, der dich beschützen will, aber dabei ständig übers Ziel hinausschießt.

Man muss ihm nicht alles glauben, was er sagt. Aber man kann ihm zuhören. Und dann selbst entscheiden.

Manchmal laufe ich jetzt trotzdem los – aber nicht, weil ich ihn überwunden habe, sondern weil ich mit ihm verhandelt habe. „Zwei Folgen Netflix heute Abend“, sag ich. „Dafür geh ich jetzt dreißig Minuten raus.“ Und er nickt. Greift zur Fernbedienung. Und wartet.

Bis später, sag ich. Und laufe los.


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