Es gibt Tage, da sind die Beine bereit, aber der Kopf will nicht. Ich nenne das den mentalen Muskelkater – und der kann genauso schmerzhaft sein wie der körperliche.
Neulich, morgens um sechs. Draußen nieselt es, der Himmel grau wie altes Geschirrtuch. Körperlich: Alles im grünen Bereich. Die Laufschuhe warten bereits ungeduldig neben der Tür. Aber mein Kopf weigert sich entschieden. Plötzlich wirkt sogar das Wäscheaufhängen verlockender als meine gewohnte Joggingrunde. Ein eindeutiges Zeichen: Ich stecke mitten im mentalen Muskelkater.
Der mentale Muskelkater hat keine messbaren Symptome, medizinisch nicht fassbar. Er tarnt sich geschickt als Unlust, Zweifel oder innere Stimme, die plötzlich sehr überzeugend ist: „Wozu eigentlich das alles?“. Doch er ist real, und er kann uns ebenso sabotieren wie eine echte Verletzung.
Was hilft gegen mentalen Muskelkater? Keine geheime Zauberformel, sondern kleine Tricks und etwas Verständnis für sich selbst. Meine Strategie: Ich plane eine halbe Stunde oder fünf Kilometer – machbar, selbst wenn der Kopf streikt. In den allermeisten Fällen werden daraus dann 7, 8 oder sogar 10 Kilometer. Und falls nicht? Dann bleibt es eben bei der halbstündigen Pflichtübung, und das ist völlig okay.
Ich habe mir angewöhnt, nicht die Motivation entscheiden zu lassen, ob ich etwas tue. Motivation schwankt. Stattdessen setze ich auf Routine und eine Portion Disziplin. Mittwochs ist Lauftag. Punkt. Ob ich nun fünf Kilometer laufe oder mindestens eine halbe Stunde: Auch das wird nicht diskutiert. Genau das mache ich auch dann, wenn die Motivation mal ausbleibt. Oft kommt sie nämlich während des Laufens wieder zurück. Dann werden aus fünf plötzlich zehn Kilometer, manchmal nur acht, oder einfach nur eine weitere kleine Runde. Zugegeben, in den letzten neun Monaten meiner „Laufkarriere“ gab es durchaus Tage, an denen ich froh war, als die Zeit endlich rum oder die Strecke geschafft war. Solche Läufe sind selten, gehören aber trotzdem dazu.
Natürlich läuft es nicht immer perfekt. Manchmal quält man sich nur durch, zählt die Minuten oder Meter bis zum Ende. Aber gerade diese Läufe sind wichtig. Sie erinnern mich daran, dass nicht jede Einheit ein Highlight sein muss – Hauptsache, ich bleibe dran.
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