Wenn das Selbstwertgefühl in der Umkleidekabine hängen bleibt
Wir kennen sie alle: diese Momente, in denen einem das Selbstwertgefühl leise winkt und sagt, „Bis später, ich bleib’ mal hier.“ Ob in der Umkleidekabine, wenn die Hosen knallhart Nein sagen, oder beim Essen in der Öffentlichkeit, wo man das Gefühl hat, jede Pommes wird akribisch von den Augen Fremder gewogen. Scham kann so überwältigend sein, dass sie einen förmlich lähmt – wie ein unsichtbarer Rucksack, der jede Bewegung schwerer macht. Und in diesem Zustand noch die Kraft aufzubringen, das Leben zu ändern? Vergiss es. Zumindest dachte ich das.
Scham: Der schlechteste Personal Trainer der Welt
Scham und ein fehlendes Selbstwertgefühl sind wie die toxischen Kollegen in deinem Kopf: ständig nörgelnd, immer kritisch, nie hilfreich. Sie flüstern dir ein, dass du weniger wert bist, dass es keinen Sinn hat, überhaupt anzufangen, und dass dich niemand so akzeptiert, wie du bist. Und weißt du, was das Schlimmste daran ist? Man glaubt es irgendwann selbst. Der Versuch, mit Selbsthass abzunehmen, ist wie der Versuch, einen Marathon zu laufen, während dir jemand die Schnürsenkel zusammenbindet. Kurz gesagt: Es funktioniert nicht.
Die Baustelle im Kopf zuerst in Angriff nehmen
Was ich auf meinem Weg gelernt habe: Der Prozess des Abnehmens ist kein Solo-Projekt, sondern Teamarbeit – und das Team besteht aus deinem Körper und deinem Kopf. Und wenn einer von beiden querstellt, wird es schwierig. Bevor ich meine Ernährung umgestellt oder die Laufschuhe geschnürt habe, musste ich mir erst mal anschauen, was da oben im Kopf so alles schief lief. Warum habe ich mich in Situationen gebracht, die mir nicht guttaten? Warum habe ich immer zur Schokolade gegriffen, wenn’s stressig wurde? Und warum war ich so gnadenlos zu mir selbst? Warum vermeide ich – beinahe vampir’esk – meine Spiegelbilder anzusehen?
Diese Reflexion war nicht immer schön. Manchmal fühlt es sich an, als würde man eine alte Garage aufräumen, in der man Jahre lang einfach alles reingeworfen hat. Aber genau diese Arbeit hat mir geholfen, die Muster in meinem Verhalten zu erkennen – und langsam zu ändern.
Wie ich Frieden mit mir selbst geschlossen habe
Der erste Schritt war, mich selbst nicht mehr als Feind zu sehen. Ja, ich hatte Übergewicht. Ja, ich war oft faul, inkonsequent und hab mich mit Chips auf dem Sofa versteckt. Aber: Ich war auch ein Mensch, der diese Verhaltensweisen genutzt hat, um mit Stress, Langeweile oder Einsamkeit klarzukommen. Statt mich dafür zu verurteilen, habe ich begonnen, mich zu fragen: Was brauche ich wirklich? Die Antwort war selten: Noch ein Stück Kuchen.
Es ist wie in einer schlechten Beziehung: Man muss erst mal verstehen, warum man sich so schlecht behandelt, bevor man anfangen kann, etwas zu ändern. Und je mehr ich reflektierte, desto klarer wurde: Abnehmen ist nicht nur eine Sache von Kalorien und Bewegung, sondern auch von der Bereitschaft, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.
Ein Anfang, der Kraft gibt
Heute weiß ich: Scham und Selbsthass können keine Basis für Veränderung sein. Der Anfang meiner Reise war nicht die Entscheidung, weniger zu essen oder mehr zu laufen, sondern die Entscheidung, mich selbst besser zu behandeln – körperlich und seelisch. Ich habe gelernt, dass ich nicht perfekt sein muss, um wertvoll zu sein, und dass jeder kleine Fortschritt zählt.
Und mal ehrlich: Es macht viel mehr Spaß, mit sich selbst an einem Strang zu ziehen, als ständig zu kämpfen. Mein Körper und ich sind nicht mehr wie zwei alte Ehepartner, die sich auf dem Marktplatz anschreien – wir sind jetzt ein Team. Und obwohl wir uns manchmal noch in die Haare kriegen, arbeiten wir meistens ganz gut zusammen.
Fazit
Abnehmen – in einer Größenordnung von 40 Kilos und mehr – ist für mich kein linearer Weg, sondern eine Reise, die viel mit sich selbst zu tun hat. Und diese Reise beginnt nicht auf der Waage, sondern im Kopf. Wer sich Zeit nimmt, die Baustellen in seinem Inneren zu bearbeiten, schafft eine Grundlage, auf der echte Veränderungen möglich sind. Es braucht Geduld, Reflexion und ab und zu einen Moment, in dem man einfach sagt: „Hey, ich bin okay – auch, wenn noch einiges vor mir liegt.“
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