Ich sitze mit Kollegen beim Mittagessen und bestelle einen Salat. Nicht, weil ich große Lust auf Salat habe. Sondern weil ich denke, dass man das jetzt von mir erwartet. Weil ich ja „am Abnehmen bin“. Und weil ein Salat so ein sichtbares Zeichen ist: Seht her, ich zieh das durch.
Der neue Blick auf mich selbst
So beginnt das Spiel. Plötzlich beobachte ich mich selbst beim Essen. Ich schiebe langsamer die Gabel zum Mund. Lass das Dressing weg. Erzähle im Nebensatz, dass ich heute Morgen schon laufen war. Nicht um zu prahlen. Sondern weil ich erklären will, warum ich so esse. Oder rechtfertigen. Oder vielleicht, weil ich das Bild bedienen will, das andere mittlerweile von mir haben.
Es ist ein seltsames Gefühl. Einerseits hilft mir diese neue Achtsamkeit. Sie erinnert mich an mein Ziel. Andererseits merke ich, dass ich manchmal nicht für mich esse, sondern für dieses eingebildete Publikum. Da sitzt keiner mit Stift und Wertungstafel am Tisch, aber irgendwie hab ich das Gefühl, jemand schaut zu.
Der gedankliche Spagat beim Essen
Richtig spannend wird’s, wenn ich doch mal was „Ungesundes“ esse. Dann geht das Kopfkino los: „Was denken die jetzt? Glauben die, ich hab aufgegeben?“ Gleichzeitig der Drang, es direkt zu kommentieren: Das ist eingeplant. Alles ist gut. Ich bin im Kalorienbudget.
Ich frage mich oft, ob das überhaupt normal ist. Und ich glaube: Ja. Wenn man lange sichtbar übergewichtig war und sich dann verändert, wird auch das Essverhalten zum Gesprächsthema – sichtbar und irgendwie öffentlich. Plötzlich entsteht eine Aufmerksamkeitsblase. Und man möchte ihr standhalten. Oder einfach zeigen: Ich hab’s im Griff.
Zurück zu meinem Tempo
Ich übe mich darin, das Ganze nicht zu eng zu sehen. Wieder mehr für mich zu entscheiden. Nicht für ein Bild, das andere vielleicht haben. Ich darf essen. Ich darf auch mal über die Stränge schlagen. Ich muss mich nicht erklären. Wenn das Abnehmen wirklich Teil meines Lebens sein soll, dann gehören genau solche Momente eben auch dazu. Ohne Inszenierung. Einfach echt.
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